Nach aktuellen Medienberichten hätte am 11.4.17 ein italienisches Gericht „weltweit erstmals die unsachgemäße Verwendung eines Handys als Ursache für einen Gehirntumor anerkannt.“ Das ist aus zwei Gründen falsch:
Schon im Jahr 2012 wurde im Rahmen eines arbeitsrechtlichen (!) Verfahrens einem Kläger eine Rente zugesprochen, der behauptete, wegen der Nutzung von Mobiltelefonen teilweise arbeitsunfähig zu sein.
Im Verfahren wurden zur Urteilsfindung Studien von Prof. Lennart Hardell herangezogen.
Das Gericht hatte letztinstanzlich nicht über die Ursache, sondern lediglich über den Grad der Arbeitsunfähigkeit zu entscheiden.
Schwer wiegende wissenschaftliche Verfehlungen
Abgesehen davon, dass Hardell höchst umstritten ist – er muss sich von der wissenschaftlichen Gemeinde den Vorwurf gefallen lassen, dass ihm „schwer wiegende wissenschaftliche Verfehlungen nachgewiesen wurden“ – stehen Hardells Studien im Gegensatz zum allgemeinen wissenschaftlichen Kenntnisstand, der von der Weltgesundheitsorganisation WHO in ihren „Factsheets“ publiziert wird.
Zahlen der Statistik Austria bestätigen: Neuerkrankungen sind zurückgegangen
Hardells Studien bestehen den praktischen Plausibilitätscheck nicht: Denn wären die Ergebnisse seiner Studien nur annähernd im Bereich des Wahrscheinlichen, müsste man heute in der Bevölkerung eine höhere Inzidenzrate finden als noch vor 25 Jahren. Ein Blick in die Daten der Statistik Austria besagt aber das Gegenteil: In der Zeit seit Beginn des flächendeckenden GSM-Mobilfunks 1992 bis 2014 (aktuellere Daten sind von der Statistik Austria noch nicht verfügbar) hat sich die Inzidenzrate von Gehirntumoren (und zentrales Nervensystem) von 8,5 Fälle pro 100.000 auf 7,6 Fälle pro 100.000 reduziert.
Kleiner Brauner und Handys in der selben WHO-Kategorie klassifiziert
Gerne wird die Klassifizierung von Mobilfunk als „Warnung“ der WHO kommuniziert. Wer aber die betreffende Definition wirklich liest -und das ist die gute Nachricht für alle, die sich aufgrund der Meldungen Sorgen machen – wird feststellen, dass es unwahrscheinlich ist, aufgrund von Mobilfunk zu erkranken. Mobilfunk wurde nämlich in 2B (bedeutet „möglich“) und NICHT in 2A (bedeutet „wahrscheinlich“) eingestuft. Zur Veranschaulichung: In dieser Gruppe befinden sich auch Kaffee, eingelegtes, asiatisches Gemüse und Kokosnussöl. Tabak und Alkohol befinden sich in Gruppe 1 („kanzerogen“).