20 Jahre „Naila-Studie“ – vom Scheitern agendagetriebener „Forschung“

20 Jahre „Naila-Studie“ – vom Scheitern agendagetriebener „Forschung“

Vor 20 Jahren, im Sommer 2004, erschien eine Studie von Horst Eger, Klaus Uwe Hagen, Birgitt Lucas, Peter Vogel und Helmut Voit mit dem sperrigen Titel „Einfluss der räumlichen Nähe von Mobilfunksendeanlagen auf die Krebsinzidenz“.  Die nach der Stadt, in der sie durchgeführt wurde, benannte „Naila-Studie“ hatte es, bei der ersten, flüchtigen Betrachtung der Zusammenfassung, in sich.

Denn mit dieser Studie sollte nichts Geringeres als die Kanzerogenität von Mobilfunkfeldern nachgewiesen werden. Freilich las sich das dann in der ersten Veröffentlichung im Magazin „umwelt·medizin·gesellschaft“ Ausgabe 4/2004 schon ein wenig anders: „Diese Ergebnisse sind unter Heranziehung der Literatur zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern nicht nur plausibel und möglich, sondern als wahrscheinlich anzusehen.“

Der Unterschied zwischen der Meinung, dass etwas „als wahrscheinlich anzusehen“ ist und tatsächlich „nachgewiesen“, begründet sich aber nicht nur in der Interpretation des Studienergebnisses, sondern auch darin, dass das „Studiendesign“ – vorsichtig gesagt – ein wenig abenteuerlich, jedenfalls sehr willkürlich erscheint.

Einfach Kreise auf der Landkarte ziehen – sinnlos, aber effizient

Denn zur Qualifizierung wurde auf einer Landkarte rund um eine Mobilfunkstation einfach ein Kreis mit einem Radius von 400 Metern gezogen, um einen „Nah-“und „Fernbereich“ zu definieren. Da sich Funkfelder aber nur im Freiraum und auch da nur theoretisch kreisrund ausbreiten und deshalb die wohl mit einem Zirkel willkürlich gezogene Grenze keinerlei Sinn ergibt, müssen sich die Studienautoren die Frage, ob sie denn die in den verwendeten Quellen angeführte „Literatur zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern“ tatsächlich auch gelesen haben, gefallen lassen.

Denn dann wüssten sie, dass sich Funkfelder ähnlich dem Licht ausbreiten. Bauwerke und Vegetation dämpfen sie stark ab, sobald sie auf Geländeanhebungen (Hügel, Berge) treffen, ist längstens Schluss.

Wie auch immer, das Ergebnis der Naila-Studie suggerierte, dass innerhalb dieses willkürlichen 400 Meter Kreises das Risiko an Krebs zu erkranken höher als außerhalb der 400 Meter sei.

Selbst einer der größten Mobilfunkkritiker sagt: „Könnten falsch liegen“

Sogar Prof. Mosgöller, bekannter Mobilfunkkritiker und Studienautor der Athem-Studien sagt dazu in einem Interview, dass das im Prinzip doch nicht so ist. „Wenn Sie sich drauf verlassen, könnten sie auch falsch liegen“, so Mosgöller. Und weiter: „Manchmal haben Sie unter dem Sender weniger Exposition als in 200 Meter Entfernung. Das hängt von der Ausrichtung der Antenne ab.“

Korrelation statt kausaler Zusammenhang

Trotz der Tatsache, dass nicht nach einem kausalem Zusammenhang sondern lediglich nach Korrelationen gesucht wurde, nahm sich die Mobilfunkindustrie des Themas an: Die pragmatische Analyse der so genannten Naila-Studie zeigte, dass es sich dabei um ein Papier handelt, dessen „Erkenntnisse“ auf Basis eines mangelhaften Studiendesigns eine fehlerhafte Korrelation ergeben und lediglich dazu geeignet sind, unbegründete Ängste zu schüren, was den Autoren damals aufgrund der notwendigen Errichtung zahlreicher Sendeanlagen in kurzer Zeit auch gelang.

Krebsregister belegen: „Naila-Studie“ ist wertlos

Denn Tatsache ist dass, damals wie heute, die Krebshäufigkeit im nahen Umkreis von Mobilfunkbasisstationen dem Durchschnitt entspricht: Auf der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie und der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Epidemiologie in Freiburg im September 2005 wurde anlässlich der Veröffentlichung der deutschen „Naila-Studie“ eine Analyse des Krebsregisters Bayern vorgestellt, in welcher aufgrund der Untersuchungen in 48 Gemeinden deren Ergebnisse nicht bestätigt wurden. Bei der Inzidenz von Tumoren konnte kein Zusammenhang mit der Dichte an Mobilfunkstationen gefunden werden. Auch heute lassen sich in nationalen Krebsregistern keine erhöhten Tumorraten finden, wie aktuelle Untersuchungen der IARC, als auch eine EU-Studie belegen.

Auch die altersbereinigten Zahlen der Statistik Austria, die inzwischen seit über 40 Jahren die Neuerkrankungsrate aufschlüsselt, sind mit geringen Schwankungen bis heute gleich geblieben. Das ist aufgrund der Tatsache, dass längstens seit den frühen 2000ern ein Alltag ohne Handy oder Smartphone für 9 von 10 ÖsterreicherInnen nicht mehr vorstellbar ist, bemerkenswert.

Auch die Ergebnisse der 1 Million-Women-Studie aus 2022 mit rund 800.000 Teilnehmerinnen liefern ein klares Ergebnis: Es wurde kein Zusammenhang zwischen der Entwicklung von Hirntumoren und der Handynutzung gefunden.

Einstein erkannte: Funkwellen sind ungefährlich – und erhielt dafür den Nobelpreis

Der fehlende Zusammenhang zwischen Mobilfunk und Tumorinzidenzen liegt aber nicht nur am fehlerhaften Design *) der „Studie“, sondern vor allem an der Tatsache, dass Funkwellen, die zur Nachrichten- und Datenübertragung genutzt werden, schon aus physikalischen Gründen ungefährlich sind, wie kein geringerer als Albert Einstein beschrieb.

Einstein wusste zwar noch nichts vom „Mobilfunk“ wie wir ihn heute kennen, die dafür angewendeten Funkfrequenzen konnte er aber schon damals genau beschreiben, denn Funkwellen sind wie auch Licht elektromagnetische Felder – nur im Vergleich zu Licht mit niedrigeren Frequenzen.

Einstein berechnete, ab welcher Frequenz diese Felder tatsächlich gefährlich werden können. Alle wissen: Wer sich der Sonne mit ihrem Anteil an UV-Strahlung zu lange aussetzt, riskiert einen Sonnenbrand und kann im schlimmsten Fall an Hautkrebs erkranken. Man unterscheidet deshalb auch zwischen der so genannten „Ionisierenden Strahlung“ und der „Nichtionisierenden Strahlung“.

Ionisierende Strahlung ist Strahlung, die in der Lage ist, Moleküle zu verändern. Dazu gehören UV-Strahlung, Röntgenwellen und radioaktive Strahlung.

Egal wie stark: Funkwellen können keinen Krebs auslösen

Nichtionisierende Strahlung führt zu keiner Veränderung durch Ionisierung von Molekülen, egal wie stark sie ist(!). Dazu gehören Haushaltsstrom, Funkanwendungen, Infrarotwellen etc.  Nichtionisierende Strahlung kann also beispielsweise menschliche Zellen nicht aufbrechen, was die Grundvoraussetzung ist, um überhaupt Krebs durch Strahlung auszulösen.

Einstein konnte erklären, dass es eine klare Grenze zwischen ionisierender und nichtionisierender Strahlung, also den entsprechenden elektromagnetischen Wellen gibt. Er konnte diese Grenze mit der Formel e = h * f  auch berechnen. Mobilfunk und auch alle anderen Anwendungen wie Radio, TV, Behördenfunk, Datenfunk, etc. liegen um Zehnerpotenzen darunter.

Einstein erhielt für diese Erkenntnis und die daraus entstandene Formel e = h * f den Physik-Nobelpreis und nicht, wie oft angenommen, für die viel bekanntere Formel e = m * c²

Auch 20 Jahre nach Veröffentlichung der „Naila-Studie“, hat sich am Faktum, dass Funkfelder, die zur Nachrichtenübertragung genutzt werden, keinen Krebs auslösen können, nichts geändert: Denn wenn dem so wäre, dann müsste man das in den Krebsregistern heute erkennen.

Was nach 20 Jahren übrig blieb: Unbegründete Ängste. Nicht mehr aber leider auch nicht weniger

Die Autoren haben sich mit der „Naila-Studie“ nicht nur selbst keinen Gefallen getan, sondern müssen sich auch die Meinung anderer gefallen lassen, dass sie dazu beitrugen, dass Menschen vor Funkwellen unbegründete Ängste entwickelten und teilweise auch heute noch darunter leiden, wie die WHO schon in ihrem Factsheet 206 erkannte.

Fakt ist: Mobilfunk rettet Leben

Die Naila-Studie war in der Nachschau nichts mehr als der Versuch, eine der wichtigsten telekommunikationstechnischen Errungenschaften, den Mobilfunk, zu diskreditieren. Das ist ihr aber glücklicherweise nicht gelungen: Denn gut ausgebaute Mobilfunknetze retten heute täglich Leben, wo noch in der Vor-Mobilfunk-Ära schwere Unfälle oder medizinische Notfälle tödlich ausgingen, weil bis zur Alarmierung der Rettungskräfte zu viel Zeit verging.

Anhang

)* Die gravierendsten Fehler am Studiendesign der so genannten Naila-Studie:

Willkürlicher Radius

Das Naila-Ergebnis auf Wien umgelegt würde bedeuten, dass hier ein massiver Anstieg von Krebsfällen erkennbar sein müsste, weil sich hier kein Ort findet, in dem man nicht in einem Radius von 400 m zur nächsten MF-Anlage wohnt. Die österreichische Krebsstatistik weist aber bis heute, also auch 20 Jahre danach, keine Auffälligkeiten auf.

Nichtberücksichtigung von Co-Faktoren

Neben diesem Faktum wurde vom deutschen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) zahlreiche methodische Mängel wie die fehlende Berücksichtigung anderer Co- bzw. Risikofaktoren für Krebs wie Rauchen, Ernährung, Beruf, Alkohol, genetische Veranlagung, etc kritisiert.

Statistische Schwächen

Weder Geschlecht noch Alter (was bei der Beobachtung von Krebsinzidenzen von höchster Relevanz ist!) der Patienten wurde bei der statistischen Analyse berücksichtigt.

Ortstreue

Es wurde nicht dokumentiert, ob die Probanden im Studienzeitraum überhaupt ortstreu waren und welchen anderen Einflüssen sie sich aussetzten.

Risikoeinschätzung

Es konnte eine Krebsuntererfassung in Abhängigkeit von der Studienregion nicht ausgeschlossen werden, was zu einer beträchtlichen Überschätzung des Risikos führen konnte.

Dosimetrie

Es wurde in keinem einzigen Fall eine individuelle Abschätzung der Exposition durch Basisstationen angestellt.

Geringe Stichprobenumfang

Problematisch ist zusätzlich der geringe Stichprobenumfang.